Bericht über die Gedenkstättenfahrt nach Dachau 2025
„Kann man die Welt verlassen und nicht erzählen – habt ihr nicht verdient, zu wissen, wie es war?“ – Abba Naor
Dieser Beitrag ist abgelaufen: 12. Oktober 2025 00:00
Vom 30.06. bis 02.07. besuchten 17 Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst der Fächer Geschichte sowie Politik & Wirtschaft im Rahmen einer Multiplikatorinnen- und Multiplikatorenfortbildung des Studienseminars für Gymnasien in Frankfurt am Main, des Max Mannheimer Studienzentrums und des Fritz Bauer Instituts die Gedenkstätte Dachau. Organisiert und begleitet wurde die Fortbildung von den beiden Ausbilderinnen Ma-ren Metz und Iris Harnischmacher, dem Referenten des Fritz Bauer Instituts Martin Liepach sowie vor Ort von Magdalena Geier, einer Mitarbeiterin des Max Mannheimer Studienzentrums. Aufgrund der aktuellen antisemitischen, rassistischen und rechtsextremen Tendenzen war es ein besonderes Anliegen der Fortbil-dung, Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst im Umgang mit Gedenkstättenbesuchen innerhalb des Unterrichts zu stärken. Ein solcher Besuch trägt dazu bei, die Bedeutung von Menschenrechten, Demokratie und Tole-ranz zu verstehen und bietet die Möglichkeit, Parallelen zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu erkennen und kritisch zu hinterfragen.
Am ersten Tag nach unserer Ankunft im Max Mannheimer Studienzentrum sind wir als Gruppe durch den Austausch in Kleingruppen über die eigene Erfahrung mit Geschichte näher zusammengerückt. Direkt zu Beginn war es möglich, dass wir unsere Erwartungen, Wünsche, Fragen, Ängste und Befürchtungen an die Fortbildung, den Ort sowie den Umgang mit Schülerinnen und Schülern offen mitteilen konnten. Somit wurde ein thematischer Rahmen geschaffen, in dem wir uns in den nächsten Tagen bewegten. Zusätzlich wurden an diesem Tag zwei Workshops angeboten. Der erste Workshop wurde von Magdalena Geier gelei-tet und beschäftigte sich mit dem Arolsen Archiv, in welchem verschiedene Dokumente zu Opfern des Na-tionalsozialismus eingesehen werden können. Dieses Archiv eignet sich auch für die Nutzung im Unterricht, um mithilfe biografischer Zugänge das Geschehen vor Ort für Schülerinnen und Schüler greifbarer zu ma-chen. Frau Iris Harnischmacher, Frau Maren Metz und Herr Martin Liepach boten zudem einen Workshop zu „Lernen über den Holocaust nach dem 7. Oktober“ an, indem arbeitsteilig verschiedene Fälle aus dem Schulleben besprochen und Handlungsoptionen entwickelt wurden. Zum Ende des Tages gab es einen Aus-tausch über die Ereignisse, offene Fragen sowie eine Feedback-Runde.
Der nächste Tag begann mit der Methode „Bilder im Kopf“, um einen ersten visuellen Zugang zu der Ge-denkstätte und den dortigen Verbrechen zu erhalten. Danach fand ein Zeitzeugengespräch mit dem Holo-caustüberlebenden Abba Naor statt. An diesem Gespräch nahmen auch drei Schulklassen teil. Die Reaktio-nen und Fragen der Lernenden boten uns einen besonderen Einblick in die Gedanken und Gefühle der Schülerinnen und Schüler. Der Zeitzeuge Abba Naor berichtete von seinen Erlebnissen und Erinnerungen an die NS-Zeit, seinem Alltag in den Konzentrationslagern. Auch erzählt er von dem Todesmarsch und von dem Tag seiner Befreiung, dem 02.05.1945, den er bis heute als seinen neuen Geburtstag bezeichnet. Die Erzählung sowie die dazu vorbereitete Bildstrecke führten zu hoher emotionaler Ergriffenheit und Be-troffenheit. Trotz seines hohen Alters ist es Herrn Naor ein großes Bedürfnis, seine Geschichte an die nächste Generation weiterzugeben, um damit das Vergessen zu verhindern.
Nach diesem erkenntnisreichen Gespräch fand der geführte Rundgang in der Gedenkstätte Dachau statt, geleitet von Magdalena Geier. Während des Rundgangs wurden gezielt Schwerpunkte gesetzt, die uns das Geschehen vor Ort näherbrachten. Im Anschluss daran gab es die Gelegenheit, sich individuell mit der Ge-denkstätte auseinanderzusetzen. Dieser ergreifende Tag endete mit einer gemeinsamen Nachbereitung des Rundgangs.
Der dritte Tag diente dazu, in Kleingruppen die Vor- und Nachbereitung sowie die Durchführung einer Ge-denkstättenfahrt zu planen und Leitfäden zu erstellen, die auch nach der Fortbildung im schulischen Alltag Anwendung finden können. Es wurde erneut deutlich, weshalb gerade in der heutigen Zeit ein solcher Be-such von besonderer Bedeutung ist. Als Abschluss der Fortbildungsreihe fand eine Evaluations- und Refle-xionsrunde statt, in der die gemachten Eindrücke und Rückmeldungen besprochen wurden. Hierbei wur-den noch einmal die Erwartungen und Befürchtungen des ersten Tages aufgegriffen. Anschließend bestand die Möglichkeit, erneut die Gedenkstätte zu besuchen.
Die Fortbildung in der Gedenkstätte Dachau war für alle Teilnehmenden eine prägende und sowohl fachlich als auch persönlich bereichernde Erfahrung. Neben der inhaltlich fundierten und methodisch vielfältigen Auseinandersetzung mit den Themen Nationalsozialismus, Holocaust und Erinnerungskultur überzeugte vor allem die gelungene Verbindung von fachlicher Vertiefung, praxisorientierten Workshops und intensi-ven Reflexionsphasen. Besonders wertvoll war die Gelegenheit, mit dem Zeitzeugen Abba Naor ins Gespräch zu kommen und seine authentischen Schilderungen mitzuerleben, die uns in ihrer Eindringlichkeit lange in Erinnerung bleiben werden. Auch die gemeinsamen Abende in ungezwungener Atmosphäre und die dortigen Gespräche trugen dazu bei, die Erfahrungen gemeinsam zu verarbeiten und zu besprechen. Dies stärkte den Gruppenzusammenhalt während der gesamten Fortbildung und es war ein offener, ver-trauensvoller Austausch möglich.
Insgesamt hat die Fortbildung nicht nur wertvolle fachliche Impulse für den Unterricht geliefert, sondern auch das Bewusstsein für die Bedeutung von Erinnerungskultur, Menschenrechten und demokratischen Werten geschärft. Sie hat eindrucksvoll gezeigt, dass Gedenkstättenbesuche, richtig vorbereitet und begleitet, einen unverzichtbaren Beitrag zur historisch-politischen Bildung und zur Stärkung unserer demokratischen Gesellschaft leisten können. Deshalb ist diese Gedenkstätten-fahrt von enorm hoher Relevanz für die Ausbildung von Lehrkräften im Vorbereitungsdienst. Innerhalb der Gruppe wurde auch häufig der Wunsch geäußert, die Gedenkstättenfahrt um einen Tag zu erweitern, um weitere Angebote und Workshops zu erproben, wie sie auch für die Lernenden vor Ort angeboten werden. Ebenso auch, um mehr Raum für die individuelle Verarbeitung zu ermöglichen.
Ein Bericht von: Lisa Götzinger und Alina Noack
